Seit 2019 malt Keyvan Paydar Farbkreise auf Servietten. In einer persönlichen Grenzerfahrung bot sich ihm das fragile Material als passender Träger für kontemplative Malübungen an. Wobei vorsichtiges Arbeiten angezeigt ist, wirkt sich doch jeder Farbauftrag sofort auf das dünne Papier aus.
Diese Ausstellung ist von einem Text der französischen Psychoanalytikerin und Philosophin Anne Dufourmantelle aus ihrem 2011 erschienen Buch Éloge du risque (dt. Lob des Risikos. Ein Plädoyer für das Ungewisse) inspiriert. In dem kurzen Kapitel, übertitelt mit In der Schwebe, bezieht sie sich u.a. auf Seiltänzer und Trapezkünstler und auf deren Vermögen, den Moment „der aufs Seil gestützten Schwebe“ auszukosten.
„Das Risiko der Schwebe verlangt“, so folgert Dufourmantelle, „eine gewisse Akrobatik“. Und das ist auch ein Vermögen, das angesichts der Unklarheiten und Unvorhersehbarkeiten, die mit den aktuellen Entwicklungen einhergehen, den Menschen abverlangt wird: Eine gewisse – wenn auch ungewollte – Akrobatik.
Die gegenwärtige Situation hält ein Brennglas auf die Strukturen, Möglichkeiten und Problemfelder unserer Gesellschaften. Allzu schnell zeigt sich, dass fertige Antworten und große Gesten keine Gewissheiten mehr erzeugen. Wir verbleiben in Erstarrung, wenn wir diese von niemandem erwartete Zeit des im-Ungewissen-Schwebens nicht nutzen. Und nicht nur für uns selbst Raum für Neues aufmachen, sondern tatsächlich die Welt entlasten.
Beteiligte Künstler*innen: Ruth Anderwald + Leonhard Grond • Iris Christine Aue • Deborah Birch / Veza Fernández • Günter Brus / Jörg Schlick • Fedo Ertl • Josef Fürpass • e.d gfrerer • Daniel Hafner • Veronika Hauer • Marlene Hausegger • Matthias Jäger / Bernhard Wolf • Roman Klug • Zita Oberwalder • Clara Oppel • Keyvan Paydar • Erwin Polanc • Wendelin Pressl • David Reumüller • Isa Riedl • Christina Helena Romirer • Karoline Rudolf • Irmgard Schaumberger • Maria Schneider • Markus Sworcik • Lea Titz
Projektteam: Margarethe Makovec, Anton Lederer, Markus Waitschacher, Leonhard Rabensteiner, unter Mitwirkung von Birgit Kulterer (Sammlung der Stadt Graz/Kulturamt)